Schlucht ist irgendwie ein merkwürdiger Ort. Ein Ort, der verlassen und zugleich bewohnt scheint. Der seine hohe Zeit schon ein paar Tage hinter sich hat, aber doch rege atmet, um am Leben zu bleiben. Ein Overt- Schild blinkt an der Bar am Ortseingang, auf der gegenüberliegenden Straßenseite bröckelt ein geschlossenes Hotel dahin. Ein stolzer Bau erzählt von anderen Zeiten. Zeiten, in denen Schlucht wohl noch mehr Glamour des entlegeneren Örtchens tief in den Vogesen anhaftete. Wer sich jedoch trotzdem dort hoch wagt, kann eine Wanderung erleben, die er so schnell nicht wieder vergessen wird. Der „Sentier des Roches“, auch Strohmeyerpfad nach dessen Begründer Oberförster Heinrich Strohmeyer benannt, ist ein exponierter Felsensteig mit eindrucksvollen Attributen. Ein bisschen schwindelfrei und trittsicher sollte man sein, an einigen ausgesetzten Stellen gibt es aber immer wieder Geländer und Stufen, an denen man sich entlang hangeln und festklammern kann. Schroffe Felsen, samtig- grüne Hochebenen, und knorrige Buchenwälder wechseln sich in feinem Modus auf der Tour ab. Das ganze getoppt mit Fernblicken vom Gipfel des Hohneck, einem der höchsten Erhebungen der Region. Auf dem Strohmeyerpfad geht es zunächst durch bizzare Felsformationrn, bergauf und bergab im stetig steilen Wechsel. Über Wurzeln von bemoosten Baumriesen, um knubbelige Felsnasen oder über breite Geröllfelder führt der Pfad sicher, aber abenteuerlich zur Auberge des Frankenthal. Von dort geht es stetig bergauf, vorbei an der Dagobertsgrotte, in welcher sich wohl König Dagobert einige Zeit versteckt hielt. Jenseits der Baumgrenze wird es dann richtig grün, kein Wunder, dass hier jede Menge Kühe den Weg der Wanderer kreuzen, schließlich geht es direkt durch ihr Mittagsbuffet in Form von saftigen Almwiesen, der Gipfel ist schön, jedoch trifft es den Wanderer hart, dass auf einmal die Gemütlichkeit des ruhigen Waldes von trubbeligem Besuchertum abgelöst wird. So führt auch eine Straße hinauf. Wohl dem, der zuvor mit Wanderschuh und Muskelkraft des Massen gemütlich entgangen ist. Der Blick in vier Richtungen bis weit in die Täler ist jedoch bombastisch. Auf dem Rückweg wirds wieder ruhiger, langsam schlängelt sich der Weg wieder zurück durch knorrigen Buchenwald zurück nach Col de la Schlucht. Beim zweiten Besuch ist es auch garnicht mehr so merkwürdig, Sommerrodelbahn und Skiverleih zeugen doch von etwas Leben. Dennoch wäre es schön, dort einen Gruselfilm zu drehen, Drehbuchgedanken kann man ja während der Wanderung schon ein bisschen eruieren.